Das Rollenspiel „Cyberpunk“ von R. Talsorian Games ist das Urcyberpunkrollenspiel
überhaupt. Es wäre wohl nicht falsch, es als das D&D (und AD&D)
dieses Genres zu be-zeichnen. Es ist nämlich nicht nur das älteste
CP- Spiel, sondern auch das Beliebteste.
Zur Geschichte. In Cyberpunk 2.0.2.0. hat sich die Welt ähnlich entwickelt,
wie sie es derzeit auch schon tut, nur, daß die ganze Lage noch erschreckender
wurde als bei uns..
Die Vorgeschichte beginnt 1990. In diesem Jahr stürzten sich die USA in
einen Konflik mit den mittelamerikanischen und ein paar südamerikanischen
Staaten, da die USA die Dro-genproduktion in diesen Staaten stoppen wollten.
Dieser Konflikt schwelt dann für mehrere Jahre, während denen die
USA biologische Stoffe freisetzen und damit die Coca- und Opiumproduktion stoppen.
Der Höhepunkt dieses Konflikts ist, als 1993 kolumbianische Drogenbosse
eine taktische Nuklearwaffe in New York zünden. Bei diesem Terrorangriff
werden 15000 Menschen getötet. Außerdem bricht in den USA ein Drogenkrieg
aus, der teilweise von europäischen Konzernen unterstützt wird. 1996
brechen die USA unter der inneren Instabilität, bedingt durch die Gewalt
und durch einen Börsencrash im Jahr 1994, zusammen. Es gibt Auf-stände
von Heimatlosen (jeder vierte Amerikaner ist hei-matlos), die als die Nomadenaufstände
in die Geschichte eingehen. Auserdem treten erste sogenannte Boostergangs auf.
Dies sind Gangs, deren Mitglieder mit Cyberimplantaten ausgestattet sind. Diese
Cyberimplantate wurden durch die Entwicklung eines biologischen Interfacechips
möglich. In den USA wird daraufhin das Kriegsrecht verhängt.
1997 kommt es im Mittleren Osten zum schlimmsten nur erdenkbaren Konflikt.
Iran, Irak, Libyen, der Tschad und die Arabische Emirate werden in eine radioaktive
Wüste ver-wandelt. Einzig Ägypten, Arabien, Israel und Syrien bleiben
intakt, da sie die meisten Bomben abfangen konnten.
In den nächsten Jahren wird Los Angeles durch ein Erdbeben erschüttert,
wobei ca. 35% der Stadtfläche vom Ozean ver-schlungen wird. In Europa bzw
im All wird von der ESA ein Massenbeschleuniger gebaut.
Am 1. Januar 2000 beginnen die Mitglieder einer Jahrtau-sendwendesekte Amok
zu laufen, wobei sich die meisten in einer Orgie von Gewalt und Selbstmord selbst
vernichten. Außerdem brechen in Europa und den USA Seuchen aus, denen
mehrere hunderttausend Menschen zu Opfer fallen.
Im Jahr 2003 beginnen die USA mit dem zweiten zen-tralamerikanischen Krieg,
als sie in Kolumbien, Peru und Venezuela eindringen. Der Krieg endet wieder
in einem Desaster, der viele tausend Amerikaner das Leben kostet.
Im Jahr 2004 gelingt es erstmals, Klone herzustellen. Jedoch beginnt in diesem
Jahr auch der erste Krieg zwischen multi-nationalen Konzernen über die
Kontrolle von TWA.
Ein Jahr später wird das Cybermodem entwickelt, das es einem Computerbediener
ermöglicht, mit seinem Gehirn als Computer in das weltweite Computernetz
einzusteigen. Der erste Konzernkrieg geht zuende.
Nachdem im Jahr 2006 der erste Mensch geklont wurde (der nur sechs Stunden
am Leben blieb) und 2007 der zweite Konzernkrieg beginnt, kommt es 2008 zwischen
den USA und der Sowjetunion zu einem Konflikt, als die USA eine Waffenplattform
im All angreifen. Die Europäer greifen auf der sowjetischen Seite ein und
beenden den ersten orbitalen Krieg, als sie mit Hilfe des Massenbeschleunigers
mehrere Tonnen Gestein auf Colorado Spring fallen lassen. Die näch-sten
Jahre unterscheiden sich auch nicht sehr von diesen ersten. Es gibt erste große
Bandenkriege, die „Metallkriege“, in denen vercyberte Gangs um
Gebiete kämpfen, die ESA und die Sowjets starten eine Mission zum Mars
und zum Jupiter, eine erste künstliche Intelligenz wird entwickelt und
es wird eine spezielle Netzpolizei, die Netwatch, eingeführt, usw. bis
man im Jahr 2020 ist, in dem das Spiel beginnt.
Frage: Was wäre Cyberpunk ohne Drogen? Antwort: Eine Menge gesünder! - Chiphead |
Charaktererschaffung
Um einen Charakter zu erschaffen, gibt es im Cyberpunk 2.0.2.0. mehrere Methoden. Die eine ist, daß man per Würfelwurf eine Anzahl von Punkten bestimmt, die man dann auf seine Attribute (Intelligenz, Reflexe, Technik, Coolheit, Attraktivität,
Glück Bewegungspunkte, Körperbau und Einfühlungsvermögen)
verteilt. Die nächste wäre, daß man für jedes Attribut
einen W10 würfelt und die letzte Möglichkeit ist, daß der Spielleiter
einfach sagt: Ok, Choombata1 , ihr seid die Helden und dürft
euch Charaktere mit so und soviel Punkten bauen. Sobald die Attribute bestimmt
sind, sucht sich dann jeder Spieler für seinen Charakter eine Rolle aus,
von denen im Grundregelwerk 12 enthalten sind. Diese Liste kann man recht einfach
durch eigene Rollen oder durch den Zukauf von Modulen für das Spiel, in
denen oft neue Rollen drin sind, erweitern. Diese Rollen geben dann praktisch
den Beruf des Charakters an und bestimmen die Fertigkeiten, die er am Anfang
bekommt. Unter den Rollen sind zum Beispiel Medienleute, Nomaden, Netrunner
oder Solos, wobei eben jede Rolle ihre eigenen Vorteile hat. So können
eben nur Netrunner vernünftig ein Cybermodem bedienen, Solos dafür
jedoch wesentlich besser kämpfen.
Hat man dies dann mal hinter sich, kommt der Teil des Cha-raktererschaffungssystems,
der das absolut Besondere an Cyberpunk ist: die Bestimmung des Lebenswegs und
worauf der Charakter steht. In Cyberpunk 2.0.2.0. ist ein ganzes System enthalten,
mit dem man feststellen kann, was für Klamotten der Charakter am liebsten
trägt, was er/ sie für eine Frisur hat, wer seine Eltern sind oder
waren, ob er/ sie Feinde hat und wie mächtig sie sind und eben all die
andren Dinge, die einem Spieler ansonsten starke Kopfschmerzen bereiten würden.
Und das System ist nach meiner Meinung echt stark. Es kommen dann nämlich
Charakter raus, die gar nirgend anders mehr hinpassen als auf die Straße.
Genau das, was man für Cyberpunk braucht. Echte Edgerunner eben.
Zum
abschliessenden Abschluß muß der Spieler dann noch ein par Pünktchen
auf seine Fertigkeiten verteilen und schon ist der Charakter fertig... fast...
jetzt braucht er nur noch seine Ausrüstung und das Chrom. Will man seinen
Charakter mit Cyberimplantaten vollstopfen, sind hier den Wünschen des
Spielers kaum Grenzen gesetzt, nur durch die Geldmittel, die seinem Charakter
zur Verfügung stehen. Diese kann man aber unheimlich erhöhen, indem
man den Charakter an einen Megakonzern, eine Regierung, ein Kartell oder so
etwas Ähnliches verhökert. Die rüsten den Charakter dann schon
entsprechend aus und wollen nur manchmal einen kleinen Gefallen dafür.
Ganz ohne Zinsen, versteht sich. Was eine sehr lustige (oder auch nicht) Sache
ist, ist, daß wenn man einen Charakter mit kybernetischen Erweiterungen
ausstattet, dieser immer mehr zur Maschine wird, was sich dadurch wiederspiegelt,
daß das Attribut Einfühlungsvermögen, also die Menschlichkeit,
immer niedriger wird. Und das Beste ist, daß die Höhe des Verlusts
bei manchen Dingen per Zufall bestimmt wird. Und wenn ein Charakter in seinem
Einfüh-lungsvermögen zu nahe an die Null kommt, kann es schon mal
sein, daß ihn die Cybercops abgreifen und zu einem Psychiater schleppen.
Kommt der Charakter jedoch unter Null, ist das wahnsinnig schlecht für
ihn, da er dann nur noch sabbernd und mordend durch die Stadt ziehen wird und
als Nichtspielercharakter an den Spielleiter geht. Bad Luck...
1 Ein Cyberpunkslangbegriff´für Freund oder Kumpel.
Charakterbeschreibung
Die Charakterbeschreibung in Cyberpunk 2.0.2.0. ist durch das System schon
sehr gut geregelt. So hat man zum Beispiel das Attribut „Attraktivität“,
das angibt, wie gut man aussieht. Außerdem kann man durch das Lebenswegsystem
auch be-stimmen, was für Kleider der Charakter trägt, was er für
eine Frisur hat oder von welcher ethnischen Gruppe er abstammt. Außerdem
ist bei der Cyberware oft angegebn, wie sie sich auf das Aussehen auswirkt.
So bekommt man durch ein ein-gebautes Radargerät eben eine gut sichtbare
Beule am Kopf. Das einzige, was durch das System im Blick auf das Ausse-hen
nicht geregelt ist, ist, ob es sich um ein Männchen oder Weibchen handelt,
was für eine Haut-, Haar- und Augenfarbe der Charakter hat und wie groß
und schwer er ist. Es sind also sehr viele Hilfen gegeben, wie man sich einen
Charakter vorzustellen hat, bzw wie er aussehen könnte.
Fertigkeiten & Probendurchführung
Der Spielmechanismus von Cyberpunk 2.0.2.0. ist einer der einfachsten, den
ich überhaupt kenne. Wenn der Spielleiter meint, daß eine Probe fällig
ist, legt er eine Schwierigkeit für diese fest. Diese Schwierigkeit gibt
dann einen Wert an, über den der Charakter würfeln muß. Um die
Probe zu machen, addiert der Spieler die Fertigkeit, die getestet werden soll,
zu dem dazugehörigen Attribut und zählt noch einen W10 hin-zu. Ist
das Ergebnis gleich oder höher als die Schwierigkeit, ist die Probe bestanden.
Es gibt auch noch die Variante, daß zwei oder mehrere Charakter die gleiche
oder sich wider-sprechende Proben machen. Der, der dann am höchsten über
seinen Sollwert würfelt, hat die Probe gewonnen. Dieses System wird überall
benutzt. Im Kampf, bei normalen Pro-ben und im Netz.
Eine sehr gute und sinnvolle Sache ist, daß nicht alle Fertig-keiten
gleich leicht zu erlernen sind. So muß man zum Bei-spiel um Karate zu
erlernen wesentlich mehr Erfahrung sammeln als um Tanzen zu lernen.
Friday Night Firefight - Das Kampfsystem
Der Name des Kampfsystems (Friday Night Firefight) soll bestimmt nicht bedeuten,
daß Kämpfe immer nur am Freitag-abend stattfinden. Eher handelt es
sich bei Cyberpunk 2.0.2.0. um ein etwas kampfbetonteres Spiel. Als ich mir
so die Notizen am Rande des wirklich nett aufgemachten Re-gelwerkes betrachtete,
hatte ich eigentlich schon die Be-fürchtung, daß mich etwas ganz
fürchterlich Kompliziertes erwarten würde, was sich aber als falsch
herausstellte. Die Spieldesigner von R. Talsorian schafften es, ein Kampfsy-stem
zusammenzuschustern, das sehr einfach und dadurch schnell lern- und spielbar
ist, das jedoch auch eine Menge Freiräume für Aktionen lässt.
Nach meinem Geschmack ist die einzige Unschönheit, daß ein Charakter,
der eine Panzerweste trägt, in ca. 50% aller Treffer, die er hinnehmen
muß, keinen Schaden bekommt. Dies läßt sich ja aber einfach
abstellen.
Was eine sehr schöne Sache ist, ist, daß sogar berücksichtigt
wurde, daß es verschedene Kampfkünste gibt, die bei ver-schiedenen
Aktionen eben unterschiedliche Vorteile mit sich bringen und auch verschieden
schwer zu lernen sind.
Ansonsten kann man nur sagen: Probiert’s aus, aber haltet den Kopf unten,
Choombata.
Netrunning - Die Computercowboys in Action
In Cyberpunk 2.0.2.0 sind einem Hacker recht viele Mög-lichkeiten gegeben,
was das Arbeiten mit seinem Computer angeht. Erstens hat ein Charakter, insofern
er über die ent-sprechende Cyberware verfügt, die Möglichkeit,
sich direkt über ein Cybermodem in das internationale Computernetz zu schalten,
zum anderen ist es ihm möglich, Programme für dieses Netz zu schreiben.
Und hier ist der Netrunner nicht nur auf kleine Utilities beschränkt, sondern
es sind sogar Regeln angegeben, mit deren Hilfe er sich selbst Virtuelle Welten
schaffen kann. Es ist hier auch möglich, die Pro-gramme zu schreiben, die
eigentlich die Gegner der Netrun-ner benutzen. Man hat also sehr viele Möglichkeiten
,sich im Computernetz auszutoben. Das Ganze wurde, wie auch schon in den anderen
Bereichen des Spiels, in einfache, schnell spielbare Regeln gepackt, die auch
einigermaßen die wirkliche Geschwindigkeit wiederspiegeln.
Was auch eine sehr schöne Sache ist, ist, daß manche Sachen einfach
so schwer gemacht wurden, daß sie ein einzelner Netrunner kaum alleine
bewältigen kann. Dieser Umstand läßt sich abstellen, indem der
Programmierer sich mit ande-ren zusammentut, was ja bekanntlicherweise den Teamgeist
verbessert und dadurch wohl eine schöne Rollenspielrunde kaum verschlechtert.
Und was sagt man nun dazu?
Abschließend läßt sich über Cyberpunk 2.0.2.0. nur sagen,
daß es ein rundum gelungenes Spiel ist, das im Bereich Cy-berpunk wohl
schon immer der Maßstab war und es wohl auch immer noch ist. Den einzigen
Minuspunkt, den ich dem Spiel geben kann, ist, daß die Regeln etwas zu
knapp gehal-ten sind, so daß man manchmal schon etwas improvisieren muß,
bis man sie richtig durchschaut hat. Außerdem solte das Kampfsystem vielleicht
ein kleines bißchen härter werden (weniger Panzerung).
Was die Ausbaufähigkeit des Spiels angeht, kann man sich auch nicht beklagen.
Es gibt zwar nicht soviele Erweiterun-gen und Abenteuer wie für Shadowrun,
jedoch genügt das, was auf dem Markt ist, auch locker, um den Geldbeutel
um Hilfe schreien zu lassen und ein Regal zu füllen. Und, ach ja, eine
Zeitschrift gibt es -glaube ich- auch noch zu Cyberpunk. Sie nennt sich „Interface“
und ist in jedem guten Rollen-spielladen zu haben (erzählt man sich zumindest).
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