Der Hauch des Drachen

Peter Straub

Heyne 1996

732 Seiten

14,90 DM

In der Nähe einer amerikanischen Kleinstadt entweicht ein experimentelles Kampfgas aus einem Labor. Da selbstredend versucht wird, das Unglück zu vertuschen, fällt erst nach einiger Zeit auf, daß es in der Gegend unverhältnismäßig häufig zu unmotivierten Gewalttaten kommt und daß sich immer mehr Leute in Pfützen verwandeln. Aber erst, als Grahams Nachbar sein Haus leuchtend rosa streicht, wird dem alten Alkoholiker klar, was tatsächlich hinter all den grauenvollen Ereignissen der letzten Zeit steckt: Der DRACHE, der den Landstrich in der Vergangenheit ständig heimsuchte, ist zurückgekehrt. Die einzigen Menschen, die seinem Treiben eventuell Einhalt gebieten könnten, sind die letzten noch lebenden Nachfahren der vier ursprünglichen Siedlerfamilien... aber werden Richard, Patsy und Tabby dem Gefasel des alten Graham Glauben schenken? Und selbst wenn ja - was können sie gegen den Drachen unternehmen?

So leid es mir für Peter Straub tut- "Der Hauch des Drachen" ist nicht gerade eines seiner Meisterwerke. Vom technischen Aspekt her einwandfrei- an Spannungsbogen, Stil und erzählerischen Kniffen gibt es nichts auszusetzen -, ist der Roman inhaltlich gesehen ganz klar Substandard (um nicht sagen zu müssen, "unter aller Sau"). Straubs 'Horror' beschränkt sich beim "Hauch des Drachen" auf die detaillierte Beschreibung von Metzgereiszenen und auf aus alten Büchern aufsteigende Drachenköpfe, ist also den Visionen eines Stephen King mit Bauchweh oder denen des frühen Frank Herbert niveaumäßig nicht unähnlich. Was sich der Autor aber bei der Charakterisierung geleistet hat, ist im Grunde genommen nur noch peinlich. Wer nimmt denn solche ätherisch - verwaschenen Hauptfiguren wie Patsy oder Tabby ernst? Ich will Tim Underhill und den Blaue- Rose- Mörder aus "Der Schlund" wiederhaben !!! Und die Art und Weise, in der Straub seitenweise liebevolle Details aus dem Leben der nebensächlichsten Nebenfiguren zum Besten gibt, um sie dann in einem Nebensatz vom Leben zum Tode zu befördern, die hat etwas entschieden Heinleinisches.

Fazit: Leute, die oft und lange Zug fahren, begehen mit dem Kauf dieses Romans nicht unbedingt einen Fehler- er hat viele Seiten und ist auf eine gewisse Weise auch unterhaltsam. Wer WIRKLICHEN Horror möchte, sollte sich lieber das Handbuch der Thoraxchirurgie in drei Bänden ausleihen (Unibibliothek)... oder nachsehen, ob noch ein altes Buch auf dem Dachboden liegt. Das Zeug, das beim Aufklappen garantiert daraus aufsteigt, reizt zumindest nicht zu Lachkrämpfen.

Diese Seite ist Teil der Webpräsenz der Gedankenwelten e.V..
Die Rechte an den Artikeln liegen bei ihren Autoren.
Die Webpräsenz wird von der nMedien GbR freundlich unterstützt.