Space Marine

Ian Watson

UK, Boxtree 1993

Necromunda ist im 41. Jahrtausend eine überbevölkerte Welt. Zusammengepfercht in gigantischen Wohneinheiten leben Milliarden von Menschen, schön brav nach Bedeutung gestaffelt: die Reichen oben, die Techniker in der Mitte, und im Keller - der Unterstadt - der Abschaum, die Scavenger. Lexandro, 14, ist Mitglied einer Gang reicher Kids, die die schönen, großen Einkaufszentren unsicher machen: Auf einer der üblichen Expeditionen in die "Unterwelt" macht er die Bekanntschaft von zwei anderen Gangern - Biff, dem Unterstadt - Scavvie, und Yeri, dem Techganger. Als die Imperiale Garde nach einer sozialen Unruhephase wieder Nachschub braucht und ein paar schlagkräftige Gangs zwangsrekrutiert, sind auch Lexandro, Yeri und Biff dabei. Aufgrund ihrer besonderen Eignung werden sie für eine Karriere als Marines ausgewählt. Space Marines sind die Elitetruppen des Imperiums, Kriegermönche, die gegen das einfallende Chaos kämpfen (und gegen so ziemlich alles andere). Nur: es mag zwar ehrenvoll sein, Mitglied eines Space Marine - Kapitels zu werden, einfach ist es nicht, denn nebst einer herben Ausbildung zählt dazu die komplette Neugestaltung der Physis...daß darunter auch die Psyche leidet, ist selbstverständlich, und die dazu benutzten, jahrtausendealten Gene sind auch nicht immer völlig okay. So trägt das Genmaterial, das das Imperial Fist - Kapitel sein Eigen nennen darf, einen ausgeprägten Hang zum Masochismus in sich... und als Lexandro, Biff und Yeri schließlich höchstpersönlich der Erstürmung eines Tyranidenschiffes als Scouts beiwohnen dürfen, nimmt das Schicksal seinen Lauf...

"Space Marine" - das Buch zum Spiel. Aber nicht zum gleichnamigen Massenschlachtensystem von GW, sondern zu "Advanced Space Crusade", in dem der Konflikt zwischen Marine Scouts und Tyraniden auf den Tisch gebracht wird. Ian Watsons zweites WH40k - Werk ist - obwohl spirituell angehaucht - längst nicht so metaphysisch - verworren wie der Vorgänger "Inquisitor"...dennoch ist Watsons New - Wave - Herkunft unübersehbar, in erster Linie aufgrund der Schilderung einer völlig verdrehten, mystisch - perversen Ordnung, die für sich beansprucht, moralisch besser zu sein als das Chaos. "Space Marine" ist ein schaurig - schöner Roman um Religion, Krieg, Perversion und Eifersucht, der - wie sämtliche WH40k - Veröffentlichungen - die Leserschaft völlig durch den Wolf gedreht und mit dem Gefühl hinterläßt, vielleicht doch besser in den Keller gegangen zu sein, um sich zu zerstreuen.

Fazit: Ideal für Leute, die von psychischem und physischem Horror nicht genug kriegen können, für Leute, die sich gerne übergeben und für die, die mal wieder so richtig langanhaltend und ausdauernd weinen wollen.

Nicole Oppermann

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