Kalter Nordwind peitschte die Regenschauer durch die verlassenen Gässchen
Bugdarias. Die kleine Hafenstadt lebte vom Handel und natürlich den Seeleuten,
die die Wirtshäuser und Tavernen nach jeder Fahrt übers Meer immer
wieder gerne besuchten und dort für lebhaften Umsatz sorgten. Heute war
das Wetter wie geschaffen für die Schankleute, denn die rauhe See verhinderte
das Auslaufen der zahlreichen Schiffe, die schaukelnd in der Bucht vor Anker
lagen.
Ein beliebter Ort stellte die Schenke "Zum Sturmvogel" dar, wo sich
hauptsächlich die zwielichtigeren Seefahrer trafen, Gerüchte und Informationen
über fette Beute austauschten und den selbstgeschmuggelten Branntwein des
Wirtes und ehemaligen Freibeuters Keobar in Unmengen durch die trockengeredeten
Kehlen liefen ließen.
An einem Tisch, direkt neben dem Ofen, hatte sich eine buntgewürfelteSchar
von einem Dutzend Männern versammelt, die sich lautstark ihr Seemannsgarn
an den Kopf warfen, wobei eine Geschichte wundersamer als die andere erschien.
Sie gehörten zu der Besatzung der "Höllenhund", einem Zweimaster,
der von Kapitän Destardez geführt wurde und der von den Kaufleuten
Bugdarias als "Pirat" beschimpft wurde, was der wiederum mit einem
listigem Lächeln rigoros verwarf.
Die Männer bestellten eine Runde nach der anderen, ihr Gelächter
wurde zusehends lauter und ausgelassener. Nach und nach verabschiedeten sich
die restlichen Gäste, sodaß sich irgendwann und zu später Stunde
der "Sturmvogel" gänzlich in der Hand der Höllenhundmannschaft
befand. Der sparsame Keobar hatte die Lampen und Kerzen bis auf zwei gelöscht
und sich zu den Seeleuten gesetzt. Der Wind hatte sich zu einem Sturm entwickelt
und rüttelte wütend an den Schindeln des Daches, die Scheiben klirrten
bedenklich, an die der Regen unaufhörlich prasselte. Ferner Donner war
vernehmbar.
"Los, Angus!" wurde einer der Anwesenden von seinem Tischnachbarn
aufgefordert, unterstützt durch dessen Ellenbogen und einigen Zurufen.
"Du hast uns noch nichts von deinem Abstecher an Land erzählt. Du
weißt schon! Dieses seltsame Fest zu Ehren der Göttin Blarr...Fahr...oder
so ähnlich zumindest."
Angus, ein schon etwas älterer Mann in der typischen, schlichten Kleidung
eines Seefahrers, nahm einen tiefen Schluck aus dem Humpen, der mit bestem Wein
gefüllt war, wischte sich über den Mund und grinste in die Runde.
"Bei Gestyr! Ihr wollt wirklich eine längst vergangene Geschichte
hören, die mindestens schon sechzig Monde zurückliegt?" Die Männer
nickten und rückten gespannt dichter zusammen. "Also, gut. Ich weiß
nicht mehr alles von damals, aber ich gebe mein Bestes." Er blickte verschwörerisch
von einem zum anderen und begann darauf mit leiser, geheimnisvoller Stimme zu
erzählen..................
Tja, da der Live- Con nun doch schon einundviertel Jahr zurückliegt,
hat das arme, überlastete Studentengedächnis meiner Wenigkeit nicht
mehr alles so hunderprozentig exakt im schalen Gehirn. Deshalb habe ich das
kleine Intro gewählt, um die mangelnde Genauigkeit und Gesamheit mit dem
Faktum des vorangeschrittenen Alters des Erzählers zu übertünchen.
Daß ich bei diesem Con, der für mich bisher der erste und leider
vorerst einzige war, die Figur des Angus verkörpert habe, dürfte jetzt
wohl klar sein.
"Ich war zu dieser Zeit noch jung und etwas unerfahren und stand in den
Diensten eines Weinhändlers mit dem Namen Brian O'Bannon, der zusammen
mit seinem Teilhaber Valentino durch die Gegend reiste und versuchte, das köstliche
Gesöff gewinnbringend an den Mann zu bringen. Bei ihm arbeitete auch mein
Freund Neil, der vormals Fischer war und durch ein Unglück Vater und Schiff
verlor. Ich verstand mich auf Anhieb mit ihm und wir entdeckten einige Gemeinsamkeiten,
die uns schnell zu hervorragenden Kampfgefährten werden ließen.
Wer ist's? - Vier von uns auf dem Draccon II
O'Bannon erhielt eine Einladung zum Erntefest zu Ehren der Göttin Gnra
und weil sich die Gelegenheit bot, eine schnelle Münze zu machen, nahmen
wir, unterwegs in unserem eigenem Planwagen, noch ein Faß Rotwein mit.
Als wir abends unser Ziel nach langer Fahrt und bei strömenden Regen
erreichten, waren noch nicht sehr viele Leute dort, und wir mußten sogleich
helfen, in wadenhohem Matsch die Zelte zu errichten. Die Stimmung erschien keineswegs
ausgelassen oder festlich, sondern eher etwas gedrückt und gedämpft,
wegen des schlechten Wetters. Daher begaben wir uns gleich darauf zur Ruhe und
freuten uns über unsere trockenen Wagen, die abseits vom eigentlichen Lager
standen.
Also, das stimmt mit der Realität von damals fast überein. Es hat
nämlich wirklich geregnet und wir mußten die Zelte für die planlosen
Gestalten miterrichten. Heiko, Bernd, Markus und ich waren mit den Wohnmobilen
angerückt, was sich als enorm nützlich und vor allem später als
vorteilhaft herausstellte. Wir waren nicht die ersten Neulinge und entsprechend
gespannt, wie sich die Sache im Laufe der drei Tage entwickeln sollte, falls
die Zelte jemals stehenbleiben würden,.
Der folgende Tag begann mit Nieselregen und dem Anreisen der Menschen. Wir
standen in aller Frühe auf, um uns gleich ein Bild von den Neuankömmlingen
machen zu können. Ich sage euch, soviele unterschiedliche Gestalten an
einem Ort friedlich versammelt habe ich noch nie gesehen! Krieger der edelsten
Sorte, Abenteurer, Waldläufer, Zwerge, Elfen, Magier, Händler, Gaukler,
Bettler und Ohampriester. Einige kannten sich scheinbar und es gab mitunter
ein großes Hallo im Lager. Die meisten bezogen sofort ihre Zelte und richteten
es sich gemütlich ein. Der Orkstamm, der in der Gegend wohnte, hatte sich
zu einem Friedensvertrag für die Zeit des Festes überreden lassen
und im Gegenzug sollte sie keiner angreifen dürfen. So konnte man die ein
oder andere Grünhaut leibhaftig bewundern, die neugierig an den Auslagen
der Händler schnupperte. Neil, Valentino, O'Bannon und ich traten meist
als geschlossene Gruppe auf. Natürlich gaben wir uns interessiert und freundlich,
um nicht den Unwillen der Stadtgarde zu erregen, die für den Schutz des
Platzes und der Anwesenden verantwortlich war. Der Hauptmann war ein arrogantes
Stück Dreck und ziemlich einfältig, wie alle Gardisten eben."
Die Piraten, die bis eben gespannt gelauscht hatten, lachten lauthals. "Wir
brachten der Göttin im eigens errichten Zelt an ihrem Heiligtum ein kleines
Opfer dar, das sie wohlwollend annahm, wie der Hohepriester uns versicherte.
Einige Leute lernten wir im Verlauf des Tages besser kennen, deren Namen mir
aber größtenteils entfallen sind. An eine rothaarige Wildkatze, die
Blauschatten gerufen wurde, kann ich mich genauestens erinnern." Angus
grinste anzüglich und fuhr mir der Zunge über die Lippen. "Sie
war mit einem Schiff in Begleitung von....Freibeutern erschienen, die sie als
eine Art freie Geisel hielten, und ihre Rolle schien ihr offensichtlich zu gefallen.
Dann
war da noch ein erfahrener und netter Abenteurer in seltsam scheppernder Plattenpanzerung
mit dem Namen Rob. Und Sir Basil, der sich, bis an die Zähne bewaffnet
und durch eine Lederrüstung geschützt, als ein heiterer und kampferprobter
Söldner entpuppte und dem Frieden der Orks nicht recht trauen wollte. Ähnlich
dachte auch die Tempelwache und ein Kämpfer mit zwei Kurzschwertern, der
sich selbst Feraika nannte und recht beherzt auftrat, falls ein kleiner Streit
aufzulodern drohte.
Der Hohepriester erschien im Lager und erteilte allen den Segen Gnras, gab
bekannt, wann das Turnier stattfinden sollte und was als Belohnung dabei für
den Sieger herausspringen sollte." Die Piraten horchten auf. "Der
Gewinner durfte auf ein Jahr der Verteidiger des Tempels werden." Allgemeines
Abwinken und entäuschte Laute erfolgten seitens seiner Zuhörer. "Genau
das habe ich mir damals auch gedacht, Freunde! Kein Gold, keine Wache. Und außerdem:
Würde ich jemals offen in einen Kampf gehen? Womöglich noch gegen
einen Feind, der besser ist als ich? Niemals, sage ich!!
Dann kam es zum Streit zwischen einem der Händler und einem wahren Hünen
von Ritter in Kettenhemd. Der Recke sorgte sich um das Wohl der Sklaven, die
der Kaufmann verschacherte und das angeblich gegen ihren Willen tat. Sie seien
durch eine Droge gefügig gemacht worden, hieß es. Nun war der Händler
schnell und flink mit seiner unverschämten Zunge und wie ein Blitz hatte
der Ritter, provoziert durch die Beleidigungen, sein Schwert gezückt. Da
tauchte in seinem Rücken eine kleine Elfin im Gauklerkostüm auf. Sie
trug einen ellenlangen Stab, dessen oberes Teil aus Wirbelstücken gearbeitet
war. Am Ende saß ein Kindertotenschädel, der von einer Narrenkappe
geziert wurde. Und bei Gestyr, dem Herren der Meere, ich schwöre euch:
Sie hat ihn, unbemerkt von allen anderen, damit berührt, etwas gemurmelt
und ihn langsamer gehext!
Der arme Kerl bezog von dem gewitzten Händler eine Tracht Prügel,
ohne daß er sich erklären konnte, warum er plötzlich seine Gewandtheit
verloren hatte. Neil und ich aber verloren sie seitdem nie wieder aus den Augen.
Ein Kompliment an dieser Stelle an die NSCs, die stellenweise perfekte Schauspielkunst
an den Tag legten. Die Auftritte des zänkischen Händlers waren immer
wieder sehenswert. Es gab leider auch Gestalten, die durch enorme Arroganz und
Überheblichkeit gegenüber uns Live- Con- Anfänger glänzten,
wie z. B. der Anführer der Garde, die Freibeuter und noch zwei, drei andere
dieser Sorte, was eigentlich schade war und sich irgendwie ein bißchen
auf die Stimmung auswirkte! Ansonsten wurde man von der gewandlichen Ausstattung
einiger Spieler geradezu in Depressionen gestürzt, wenn man an den eigenen
einfachen Klamotten vergleichend herabblickte. Es gibt anscheinend doch noch
Leute mit viel Geld, die es mit Hingabe in Kettenhemden, Lederrüstungen,
Stoffe und Accessoires investieren!
Auch wir erregten ungewollt Aufmerksamkeit. Unsere Bewaffnung erschien vielen
ungewöhnlich und verdächtig, da Neil und ich jeder nur vier Dolche
trugen. Hätten sie von meinen Giftfläschchen gewußt, ich glaube,
sie hätten mich auf der Stelle erschlagen.
Wie auch immer! Aus dem anfangs ruhigen Fest wurde sehr schnell ein Hort des
Mißtrauens und des Durcheinanders. Vieles, was sich damals zugetragen
hatte, erfuhr ich erst viel später, weil es unbemerkt vonstatten ging.
Ein Orkstamm, der sich nicht an den Frieden der Göttin hielt, überfiel
uns. Aber wir hatten sie besiegt. Das Heiligtum wurde gestohlen, die Hälfte
der Leute zu willenlosen Marionetten gemacht oder fielen im Kampf gegen die
Grünlinge, darunter auch Valentino. Ein Dämon unterstützte die
Brut der Pest dabei, so daß wir einiges leisten mußten, um überhaupt
siegen zu können. Ohne göttlichen Schutz wären wir wahrscheinlich
verloren gewesen, wo doch der Priester selbst ein Opfer der dunklen Zaubermacht
wurde.
Ja, ja! Der Plot des Cons hatte es für die Veranstalter übel in
sich. Ohne eigenes Zutun entwickelten sich gleich mehrere Abenteuer, die von
einzelnen Gruppen durchgespielt wurden. Die zentrale Steuerung ging langsam
aber sicher über Bord. Aber Spaß hatten wir alle und das Großziel
erreichten wir später dann doch noch.
Zahlreiche Einzelheiten sind meinem Gedächnis entgangen, aber einiges
weiß ich noch sehr gut. Der Abend des Festmahles zum Beispiel, an dem
Gaukler und Flammenspucker teilnahmen und eine Zwergin Gesang in ihrer Sprache
zum Besten gab. Es klang nicht schlecht, muß ich zugeben. Dort stellte
sich das erste Mal eine richtig schöne Stimmung ein. Alle waren fröhlich,
es wurde gelacht und getrunken, was O'Bannon sehr gefiel. Wir hatten uns zusätzlichen
Schutz für unseren Wein in Gestalt von Rob und Sir Basil angeheuert, da
sich hartnäckig die Gerüchte über einen Orküberfall hielten.
Sie machten ihre Sache hervorragend und blökten jeden gleich angsteinflößend
an, der nicht sofort bezahlte. Rob tat das ohne Rücksicht auf seinen gefüllten
Mund und lieferte außer wüsten und undeutlichen Drohungen so manchen
Brotkrumen auf die Hemden der Zecher.
Dieser Abend war die stimmungsvollste Sache überhaupt im Verlauf des
Cons. Hätten einige Idioten nicht ständig Photos mit Blitzlichthilfe
geschoßen ("Das ist ein magisches Artefakt!"), wäre man
glatt der Versuchung erlegen, sich tatsächlich in einer anderen Welt zu
befinden. Sehr wirkungsvoll erschienen die Darbietungen der Feuerschlucker und
der Gaukler, die auch recht unanständige, mittelalterliche Lieder vortrugen.
Am gleichen Abend traf mich ein grausamer Fluch. Mich überkam das Bedürfnis,
nein, vielmehr das brennende Verlangen hin und wieder den zu meiner rechten
mit den rätselhaften Worten `Ich liebe dich, Mozzarella!`anzuschreien,
was oft zu großem Erschrecken der Opfer führte. Gestyr aber vernichtete
den Fluch zu meinem großen Glück am nächsten Morgen." Angus
genoß die ungeteilte Aufmerksamkeit, die ihm zuteil wurde. Unaufgefordert
goß ihm der Wirt Wein nach und schaute erwartungsvoll auf den Erzähler,
der erst weitersprach, als sich der Humpen bis zum Rand gefüllt hatte.
"Der Orkschamane, der gut und gerne seine 300 Pfund hatte, vollführte
die wirresten Rituale, um einige Besessene erneut in das normale Leben zurückzuholen.
Als die Zahl der Verhexten und Toten zu gewaltig für einen einzelnen wurde,
legte man sie in einen großen Kreis und mit vereinter Magie wurden sie
geheilt. Stellt euch tiefste Dunkelheit vor, dazu einzelne Leute mit Fackeln
und den Kreis mit den Opfern des Dämons. Auf einen Schlag hin loderten
meterhohe Flammen um sie herum, die durch die geballte Kraft der versammelten
Magier, Zauberer und anderer herbeigerufen wurden, und mit ihrer reinigenden
Macht wirkten. Wenn ihr mir nicht glaubt, könnt ihr gerne O'Bannon fragen."
Angus überlegte kurz und lachte auf.
"Dann gab es noch die Sache mit dem armen Ork. Aber ich möchte keinen
von euch langweilen, Freunde." Er schielte in die Runde und freute sich
über den lautstarken Protest seiner Mannschaftskameraden, die ihn dazu
drängten, weiterzusprechen. "Neil uns ich setzten uns von unseren
Herren Weinhändler ab und streiften durch das Lager. Ein Stückchen
abseits und ein wenig erhöht trafen wir auf die hübsche Blauschatten,
die die Vorbereitungen des Barden und Geschichtenerzählers beobachtete.
Der Mann, der durch sein musikalisches und erzählerisches Ta-lent am Vortag
aufgefallen war, hatte am Boden ein riesiges Pentagramm aus dunkelblauem Tuch
ausgebreitet und in den freien Stellen des magischen Symbols Dinge gelegt, die
die Elemente bezeichneten. Er entkleidete sich bis auf einen Lendenschurz und
begann mit dem Ritual, das ihn von einer Verfehlung reinigen sollte. Mit großer
Aufmerksamkeit beschwor er jedes einzelne Element, verteilte Pülverchen,
die er ohne Hilfe von Zunder, Stahl und Eisen entzündete und wehklagte
in den verschiedensten Formen und unterschiedlichsten Stimmen. Es war unheimlich,
erschreckend und fesselnd zugleich.
Da ertönte der Schreckensruf: "Orks! Die Orks greifen an! Zu den
Waffen!" Die Mehrzahl der Grünhäutigen stürmte an uns
vorüber ins Lager, dem Rufer dicht auf den Fersen, der mit weitaufgerissenen
Augen vornewegrannte.
Ein großer, kräftiger Ork allerdings entdeckte uns vier und preschte
in eigentümlichem Galopp auf uns zu. Der Barde war völlig in seiner
Trance versunken und nicht ansprechbar, als daß wir ihn hätten mitnehmen
können, denn Neil und ich hielten nicht viel von offenem Kampf, zumal der
Angreifer einen Stab trug und den Dolchen an Reichweite weit überlegen
erschien. Blauschatten trat dem Ork entgegen und schrie ihn beherzt an, den
friedlichen Mann in seinem Pentagramm in Ruhe zu lassen. Diese Frau hatte dermaßen
Erfolg, daß sich der Raufbold nach kurzem Zögern gegen uns wandte
und auf Neil eindrang. Kaum aber drehte das Monster seinen breiten ungeschützten
Rücken zu mir, schleuderte ich meinen Dolch und traf es. Bösartig
knurrend ließ der Ork von meinem Freund ab und griff mich an. Aber nun
jagte Neil die schmale Klinge seiner Waffe mit gezieltem Wurf tief in das Schulterblatt
des Grünhäutigen, daß das Blut nur so spritzte. Verwirrt und
gereizt schnaubte der Angreifer wieder in Neils Richtung und erhielt prompt
einen weiteren Treffer von mir. Machte die Grünhaut eine Schritt auf einen
von uns zu, wich derjenige zurück, während der andere den Ork reichlich
mit Dolchen eindeckte. Nach dem siebten Geschoß röchelte er und sank
mit einem etwas ratlosen Geschtsausdruck zu Boden. Seither hatten Neil und ich
unseren Ruf bei Blauschatten weg."
Die Ausstattung des Barden und Geschichtenerzählers war beängstigend
umfangreich. Der gute Mann hat mindestens eine Stunde lang diese Zeremonie durchgeführt.
Und das mit solcher Würde und einer Ernsthaftigkeit, daß man denken
konnte, er glaubte in Wirklichkeit daran. Die Schau, die er abzog, übertraf
sogar die Sache mit dem nächtliche Feuerkreis. Die Veranstalter hatten
Stoff mit Benzin getränkt, das Ganze in einen kleinen Graben gelegt und
entzündet. Enorm eindrucksvoll! Selbstverständlich wachte im Hintergrund
ein Mensch mit Feuerlöscher, um im Notfall eingreifen zu können.
Die
Männer der "Höllenhund" lachten amüsiert. "Auf
dem Festplatz stand ein Zelt, in dem die Damen des leichten Gewerbes gastierten."
fuhr Angus fort." Jede Nacht standen sie schlange, um in das Innere zu
gelangen. Ganz gleich, ob Krieger, Abenteurer oder Magier! Sie waren spitzer
als ein Haifischzahn, sage ich euch, und viele ließen ihr Geld gerne dort
zurück. Die rote Lampe an dem Zelt der Dirnen brannte beinahe die gesamte
Nacht über hin."- "Wie sahen sie denn aus, Angus!?" schrie
ein Pirat dazwischen. Der Erzähler deutete die weiblichen Formen gekonnt
mit beiden Händen an, was die Anwesenden zu tiefem Seufzen veranlaßte.
Keine falschen Hoffnungen, bitte! Die Mädels, die diese Rolle spielten,
vergriffen sich an keinem der Spieler in der wohl hin und wieder erwünschten
Weise, sondern verpaßten ihrer Kundschaft lediglich eine kunstvolle, muskelentspannende
Massage.
Die große Wachglocke am Hafen schlug zweimal. "Sperrstunde, die
Herren!" verkündete Beogar und erhob sich. "Tut mir leid, aber
ihr müßt gehen. Sonst verliere ich mein verbrieftes Recht, den Ausschank
zu betreiben." Angus nickte verständnisvoll. "Wir gehen sofort,
Beogar, doch diese eine Geschichte möchte ich dir nicht vorenthalten."
Der Wirt schickte einen hilfesuchende Blick an die Decke und setzte sich notgedrungen
wieder. "Gut. Aber beeile dich, bitte!"
"Bis zu diesem Tag, am zweiten Abend des Festes Gnras, hatte ich himmelhohen
Respekt vor allem, das die Kleidung eines Magiers trug. Ich unterhielt mich
mit einem Zauberer, der furchtbar große Töne spuckte und über
die Orks lachte.`Sollte so ein Kerl aus dem Gebüsch springen, verwandle
ich ihn schneller, als eine Wespe zustechen kann!`tönte er und ich glaubte
seinen Worten. Warum auch zweifeln, dachte ich bei mir. `Ist das der Grund,
warum ihr jede Art von Rüstung meidet, mächtiger Magier!?`fragte ich
höflich und mußte mir daraufhin die scheinbar endlosen Ausführungen
über seine Künste anhören. Irgendwann hatte er sich heiser geredet
und ging in Richtung Brunnen, um einen Schluck Wasser zu nehmen. Hätte
ich die Gestalt eher bemerkt, die sich unter einem Baum verbarg, hätte
ich noch eingreifen können, aber leider......Der große, mächtige
Zauberer, der Schrecken aller Orks, der über sie wenige Minuten zuvor gelacht
und sie verspottet hatte, stand urplötzlich einer ausgewachsenen Grünhaut
gegenüber. Und was glaubt ihr wohl, was unser Hexenmeister mit dem Ork
angestellt hat?" "Vielleicht in ein Kaninchen verwandelt, Angus?"
"Unsinn! Zurechtgestottert hat er sich etwas! Wild mit den Armen in der
Luft umhergefuchtelt und um Hilfe geschrieen hat er, anstatt seine so gepriesenen
Bannsprüche zu benutzen. Der Ork schlug ihn ein-, zweimal, worauf das Großmaul
unter jämmerlichem Gewimmer mit dem Gesicht in den Staub fiel und sich
nicht mehr rührte." Angus stand auf, leerte den Humpen in einem Zug
und ging zur Tür. "Laßt euch das eine Lehre sein, Freunde! Selbst
der beste Magier ist zu besiegen. Vorausgesetzt, man hat den ersten Schlag!"
Wieder lachten die Piraten und verließen den "Sturmvogel",
nachdem sie ihre Rechnungen beglichen hatten. Das Dutzend bahnte sich durch
das unfreundliche Wetter seinen Weg zurück an Bord der "Höllenhund",
wobei sie lautstark in fehlerhaftem Zwergisch gröhlten und sangen, wie
es Angus ihnen beigebracht hatte. Die Stadtwache hörte sie von weitem und
beschloß augenblicklich, in eine andere Gasse zu wechseln.
SCHLUSSWORT DES AUTORS
Der Con war eine prima Sache gewesen, das muß man schon sagen! Es bestand
die Möglichkeit, auch wenn die Veranstalter mit der Tücke des Plot
wirklich zu kämpfen hatten, selbst zu erleben, welchen Schwierigkeiten
ein Fantasyheld in freier Natur ausgesetzt ist.
Die herkömmliche Spielerrunde, sei es in AD&D, DSA o. ä., hat
keinen blassen Schimmer, was es bedeutet, einen Angriffspatzer in echt zu fabrizieren,
den man nicht mit einem gutmütigen Lächeln einfach so wegstecken kann.
Und schon die "einfachen Dinge des Lebens", z. B. das Flüchten
vor einem übermächtigen Gegner, das Überwinden eines steilen
Waldstückes mit mindestens 15% Steigung in Kombination mit rutschigem Laub,
stellten sich als weitaus schwieriger dar, als man meinen möchte. Im Angesicht
eines umgestürzten Baumes gab es kein schlauen Spruch ("Kein Problem!
Mein Held hat eine Stärke von 18, Geschicklichkeit von 17 und einen Wert
von 18 im Talent Klettern!"), sondern man mußte sich höchstpersönlich
über das Hindernis wuchten.
Wie schon erwähnt, rückten wir mit den Wohnmobilen an, und infolge
eines kleinen organisatorischen Handicaps, fehlte für die Händler
das eigene Gildenzelt. So verbrachten wir unsere Nächte im Warmen und entgingen
damit glücklicherweise dem "Anschlag" eines anderen Liverollenspielvereins,
der sich als "LEGION OF DOOM" bezeichnet. Ich selbst wurde damals
in den frühen Morgenstunden geweckt, als irgendetwas an den Wohnmobilen
vorbeischepperte. Unsere Stellplätze befanden sich bereits außerhalb
der Spielzone, deshalb waren wir alle ein wenig verwundert, als eine Horde seltsamer
Gestalten an uns vorüber ins Dorf zog, die sich laut unterhielten und lachten.
Wir hatten die Leute, die in den Verkleidungen und Rüstungen steckten,
zuvor nicht gesehen und dachten an einen Scherz seitens der Veranstalter, die
den Dörflern mal zeigen wollten, was man aus sich alles machen kann. Im
regulären Zeltquartier haben wir dann erfahren, daß die Typen Abgesandte
der LEGION OF DOOM waren und die Zelte innen und außen mit Wasserbomben
behandelt hatten, sehr zum Ärgernis ihrer Bewohner. Der Anführer der
hinterhältigen Angreifer präsentierte sich in einem eindrucksvoll
schwarzen Plattenpanzer mit dazugehörigen Helm und als tierisch guter Kämpfer,
der viele mutige Verteidiger (Oder sollte ich besser `Unvorsichtige`schreiben?!)
ins Liveconjenseits befördert haben muß!
An dieser Stelle sei betont, daß es bei den Livecons nicht ums
Prügeln geht!!
In erster Linie steht der Spaß, die Atmosphäre und das stilgerechte
Verkörpern der selbstgewählten Charaktere im Vordergrund. Will man
kein strahlender, schwertschwingender Held in Rüstung sein (Ist auch nicht
unbedingt empfehlenswert!), zieht man sich eben von den Kämpfen, die angeboten
werden, zurück und sucht sich Gleichgesinnte. Es gab genug Barden, Gaukler
und nichtkriegerische Leute! Stürmt aus Versehen ein Ork auf den überraschten
Charakter zu, ergreife man eben die Flucht! So einfach ist das!
Und noch eine Warnung an alle, die meinen, sie müßten sich mit irgendwelchen
NSCs bei einem Con anlegen: Die Jungs und Mädels verstehen ihr Handwerk
und wissen sich auf ihre eigene Art zu verteidigen, sei es mit Magie oder mit
dem Schwert.
Da es der erste Con für mich war, blieb er natürlich extrem gut im
Gedächnis. Meine Ausstattung war selbstverständlich dürftig und
einfach, aber es hat zu meinem damaligen Charakter gut gepaßt. Wählt
man sich eine Figur aus, deren Fähigkeiten man auch entsprechend im Rollenspiel
rüberbringen kann, ist ein großer Spaß für einen selbst
und für die anderen auch. Die wenigen Hänger und spieltechnischen
Probleme, z. B. Zaubersprüche, wurden mit viel Geschick und der Phantasie
der Teilnehmer bravurös bewältigt. Hat man die richtige Einstellung
zu der Sache, wird es eine Mordsgaudi, an die man sich noch lange erinnert!
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